Über das Umherschweifen

Unter den verschiedenen situationistischen Verfahren ist das Umherschweifen eine Technik des eiligen Durchgangs durch abwechslungsreiche Umgebungen. Der Begriff des Umherschweifens ist untrennbar verbunden mit der Erkundung von Wirkungen psychogeographischer Natur und der Behauptung eines konstruktiven Spielverhaltens, was ihn in jeder Hinsicht den klassischen Begriffen der Reise und des Spaziergangs entgegenstellt. Eine oder mehrere das Umherschweifen experimentierende Personen verzichten für eine mehr oder weniger lange Zeit auf die ihnen im allgemeinen bekannten Bewegungs- bzw. Handlungsgründe, auf die ihnen eigenen Beziehungen, Arbeiten und Freizeitbeschäftigungen, um sich den Anregungen des Geländes und den ihm entsprechenden Begegnungen hinzugeben. Dabei ist der Anteil des Zufälligen weniger ausschlaggebend, als man es im allgemeinen glaubt: vom Standpunkt des Umherschweifens aus haben die Städte ein psychogeographisches Bodenprofil mit beständigen Strömen, festen Punkten und Strudeln, die den Zugang zu gewissen Zonen bzw. den Ausgang daraus sehr mühsam machen. Das Umherschweifen als Einheit umfaßt aber zugleich dieses Sich-Hingeben und seinen notwendigen Gegensatz - die Beherrschung der psychogeographischen Variation durch die Kenntnis und die Berechnung ihrer Möglichkeiten. Unter diesem letzten Aspekt verfehlen die durch Ökologie klargestellten Angaben es nicht, wie begrenzt auch der gesellschaftliche Raum a priori sein mag, dessen Forschung diese Wissenschaft vorhat, das psychogeographische Denken nützlich zu unterstützen. 
 
 
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