Laßt 1000 Torten fliegen

Kommunikationsguerilla schlägt Aufklärung

Ein Interview in der Beute

The godfather of cream-pie - Aron Kay Aron Kay und Noel Godin, Sue Kuklick, die Groucho-Marxisten und die Revolutionary 3 Stooges Brigade gelten als die bekanntesten Aktivistinnen und Aktivisten der politischen Torte. Am 14. Mai 1970 machte der Yippie Tom Forcade vor, wie es geht, und setzte, als Priester verkleidet, dem Mitglied des "Präsidialausschusses für Obszönität und Pornographie", Otto N. Larson, eine Torte mitten ins Gesicht. Das breite Medienecho, das dieses Ereignis nach sich zog, mag auch Aron Kay, den späteren "Großmeister der politischen Torte", dazu ermuntert haben, UNO-Botschafter Patrick Moynihan eine Mocca-Creme-Torte ins Gesicht zu pflanzen. 1977 erwischte Sue Kuklick den republikanischen Bürgermeister von Cleveland, Ralph Perk, mit einer Kreation aus Erdbeeren und Rhabarber, während zur gleichen Zeit in Kanada die Groucho-Marxisten schon mal Torten warfen, die aus Rinderhirn und Tomatenmark bestanden, und sich die Revolutionary 3 Stooges Brigade dem "lokalen Tortenmord" verschrieben hatte. Noel Godin, der seit zwanzig Jahren als Tortenattentäter zu Gange ist, berichtete dem Observer am 2. Juli 1995, worauf zu achten ist: "Nur das beste Gebäck ist gut genug und sollte kurz vor der Aktion bei einem kleinen Bäcker vor Ort gekauft werden. Qualität ist alles; wenn eine Aktion schiefgeht, essen wir schließlich alles selbst auf." Dies und einiges mehr aus der Geschichte der Tortenbewegung breitet Kees Stad in seinem Text "Laßt 1000 Torten fliegen!" aus, der bei der Lektüre des Handbuchs der Kommunikationsguerilla Jetzt helfe ich mir selbst manche zur Nachahmung verführen könnte. Die Herausgeber des Handbuchs, die autonome a.f.r.i.k.a.-gruppe, Luther Blissett und Sonja Brünzels warnen allerdings davor. "Das Buch dient rein wissenschaftlichen und dokumentarischen Zwecken", schreiben sie und bemühen sich deswegen, neben den Texten über die historisch relevanten kulturrevolutionären und subversiven Gruppen der Neuen Linken eine konstruktive Kritik der "traditionellen Politikformen der Linken" vorzulegen. 

Beute: Heute abend in Frankfurt findet die erste öffentliche Vorstellung eures Handbuchs der Kommunikationsguerilla statt. Und schon steht ihr vor einem Problem. In Anlehnung an euer Modell, das an die subversiven und kulturrevolutionären Aktionsformen der Neuen Linken anknüpft, müßtet ihr eine Kommunikationsguerilla-Vermittlungspraxis einschlagen. Oder werdet ihr euch hinstellen, eine Stunde vortragen und dann Fragen aus dem Publikum beantworten? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Darüber haben wir uns natürlich auch schon Gedanken gemacht. Jetzt wird erwartet, daß das Spaß machen soll, daß wir uns verkleiden, daß wir alle Modelle durchspielen, vom Spießer zum Autonomen mit Haßkappe und was weiß ich. Damit würden wir aber genau das machen, was wir als häufigstes Mißverständnis von Kommunikationsguerilla ansehen, nämlich die Reduzierung auf die Frage: Wie verpacke ich meine Botschaft? Kommunikationsguerilla ist ja auch nicht die einzig richtige linke Politikform. Deswegen haben wir eine Mischform gewählt, wir werden mit einem Zusammenschnitt von Filmfragmenten einsteigen und Luther Blissett zu Wort kommen lassen. Und dann werden wir tatsächlich die Leute mit herkömmlichen Vortragsformen belästigen. Aber wir werden auch sagen warum. 

Beute: Aber viele politische Veranstaltungen der Linken sind schon von der Dramaturgie her nur bei äußerst großem Interesse zu ertragen. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Wir wollen nicht mit einer Performance die typischen linken Veranstaltungsstrukturen umwälzen, sondern zunächst mal versuchen, den Politikansatz klarzumachen, der hinter dem Konzept Kommunikationsguerilla steht, und über diese Analyse mit den anderen zu reden. Aber natürlich könnten wir auch einfach einen argumentativen Kniff anwenden und sagen, daß Kommunikationsguerilla bedeutet, Erwartungen nicht zu erfüllen. Einfach nur die Clownsnase aufzusetzen, hat nichts mit Kommunikationsguerilla zu tun. 

Beute: Hat autonome Politik etwas mit Kommunikationsguerilla zu tun? Wer eure politische und publizistische Arbeit verfolgt hat, weiß, daß ihr aus der autonomen Bewegung kommt, auch Kritiken an der autonomen Bewegung, an bestimmten Politikformen geübt habt. Was ist denn so schlecht an autonomer Politik? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Warum? Da könnte ich genauso sagen, es ist eine Kritik an allen, die ein enges Politikverständnis haben. Und das hatten die Autonomen nie. Deswegen ist Kommunikationsguerilla kein Konzept gegen autonome Politik, sondern eines, das durchaus zur autonomen Politik gehört, an Aktionen orientiert ist und am Versuch, konkret zu intervenieren. Natürlich gibt es bei den Autonomen Strömungen, die wir für nicht so interessant halten. Es gibt sicher Momente, in denen man um die Pflastersteine nicht herumkommt: Wenn Faschos Flüchtlinge angreifen, ist die herkömmliche autonome Militanz nach wie vor ein richtiges Mittel. Aber wenn das zur Folklore verkommt und der Schwarze Block Haßkappen aufsetzt und Ketten bildet, obwohl weit und breit kein Bulle zu sehen ist, wie kürzlich bei der Demo gegen Le Pen in Straßburg, dient das der Selbstvergewisserung, mehr auch nicht. Das Handbuch der Kommunikationsguerilla ist ein Versuch, andere Konzepte von Militanz zu formulieren, Militanz zu politisieren. Es ist aber auch ein Versuch, das aufzugreifen, was an den Autonomen spannend ist: Sie haben sich eben nicht nur in Ideologiekritik ergeben, sondern versuchten voluntaristisch bestimmte Widersprüche zu überspringen, zu welchen sektiererischen Formen das auch immer geführt haben mag. 

Beute: Um die eigene Praxis kritisieren zu können oder, wie ihr sagt, eine Politisierung der Militanz voranzutreiben, habt ihr in eurem Buch einiges aufgefahren. Fast alle kulturrevolutionären Ansätze werden vorgestellt - von der Kommune 1 über die Situationisten bis zu den Yippies und den Stadtindianern -, die innerhalb der Neuen Linken Relevanz hatten, weil sie die herkömmlichen Formen linker Politik kritisiert und die propagandistische Wirkung der öffentlichen Aktion in den Mittelpunkt gestellt haben. Die Spontis fehlen übrigens. Welchen Aktionen kommt besondere Bedeutung zu? Oder gibt es für euch sogar so etwas wie eine Rangliste der Gruppen? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Eigentlich haben wir nur gefleddert, gesagt, uns ist vollkommen egal, was die für ein Konzept haben. Das heißt, daß keine Gruppe ausgelassen oder aufgenommen wurde, weil wir sie besonders schätzen oder weil wir ihre Aktionen für verfehlt halten. Ich finde beispielsweise die Pranksters problematisch, weil ihre Operationen eine sehr individualisierte Sache sind und meistens so gut wie keine Anbindung an irgendwelche politischen Umfelder haben: also Hühnchen auf dem Tierfriedhof begraben, die sie vorher im Supermarkt tiefgefroren gekauft haben, und sich an den Gesichtern der Friedhofsbesucher zu freuen. Es ging uns nicht darum, eine historische Praxis zurechtzuschreiben als die richtige, sondern darum, was sich daraus für unser Konzept von Kommunikationsguerilla gewinnen läßt. BUGA UP etwa, das australische Pendant der Adbusters, haben wir nicht aufgenommen, weil wir sie inhaltlich daneben finden. Obwohl sie eine schöne "Billboard Banditry"-Praxis haben, geht es ihnen nur darum, daß die Leute weniger rauchen und trinken sollen. Außerdem betonen sie selbst, daß sie keine grundlegende Gesellschaftskritik haben. Bei den Yippies gab es in der Gruppe unterschiedliche Einschätzungen. War das nur ein Medienhype, oder läßt sich da für uns etwas herausziehen. Ich zum Beispiel teile ihre Vorstellungen von Medienwirkung oder ihren Glauben daran, daß schon ein Mythos reicht, um die Gesellschaft zu verändern, nicht. Doch ihre "Theatralisierung von Politik", also sich Blasen mit Schweineblut überm Kopf auszudrücken, wenn bei einer Demo die Bullen prügeln, ist schon ziemlich gut. 

Beute: Wenn wir sagen, daß wir die Spontis vermißt haben, geht es nicht um historische Vollständigkeit. Aber gerade am Niedergang der Sponti-Politik läßt sich zeigen, wie eine symbolische Praxis zum Selbstzweck wurde, wie etwa vom Anspruch, öffentliche Räume zu besetzen, schließlich nur noch das Erneuern von Farbklecksen übrigblieb. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Na ja gut, die Spontis fehlen aus ganz pragmatischen Gründen, weil niemand die beschrieben hat oder niemand die Quellen dazu hatte. Aber der Niedergang der Spontis ist nicht nur ein Problem von symbolischer Politik. Nur bei der symbolischen Politik - nennen wir sie jetzt mal so, obwohl wir das Wort nicht besonders mögen, weil es unterstellt, es sei keine symbolische Politik, einen Zeitschriftenartikel zu veröffentlichen - wird es eben besonders offensichtlich, wenn sie in Leerlauf gerät. Bei Kommunikationsguerilla geht es aber darum, sehr genau zu überlegen, in was für ein Feld man interveniert, wo man sich in der Öffentlichkeit positioniert. Und das ist schon etwas anderes, als sich für ein Flugblatt die Floskeln einfallen zu lassen, die man sich für die letzten 18 Flugblätter auch hat einfallen lassen. Aber es geht nicht darum, sich einfach just for fun und zum eigenen Pläsier zu exponieren. Viele Sachen, an denen wir direkt beteiligt waren, sind genau berechnete Interventionen gewesen. Und es wurde dann schon diskutiert, ob im Zusammenhang mit der oder der Aktion eine ganz klassische Aufklärungspolitik nicht sinnvoller gewesen wäre. 

Beute: Eure Geschichtsschreibung etwa über den Ausschluß der Kommune 1 aus dem SDS erweckt den Eindruck, hier seien die Clowns von den ernsthaften Organisationspolitikern abgehängt worden. Warum erfährt man nichts über die inhaltlichen Auseinandersetzungen? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Darum kann es in dem Buch nicht gehen, weil es kein Buch über die Geschichte der Linken in der Bundesrepublik ist. Was den Konflikt zwischen SDS und Kommune 1 angeht, interessieren uns hauptsächlich die unterschiedlichen Politikformen, die sich in dieser Zeit gegenüberstanden: traditionell sozialistische Organisationsvorstellungen und anarchistisch-libertäre Ideen. Es gab nicht diese klare Trennung zwischen Kommune 1 und SDS. Für Dutschke war sehr wohl die proletarische Organisation das politische Ziel. Trotzdem war er beim Weihnachtsspaziergang auf dem Ku'damm dabei und hielt die Verbindung zu den Kommunarden aufrecht. Wir wollten eigentlich nicht den Eindruck erwecken, als ob hier Clownerien gegen ernsthafte Politik stünden. Im Gegenteil, es geht darum, den politischen Gehalt der Aktionsformen klarzumachen, die nach wie vor gern als Späßchen am Rande abgetan werden. 

Beute: Der Streit um die politischen Analysen scheint aber nicht gar so unwichtig. Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger trat zum Beispiel innerhalb der Linken ein Problem auf, das auf dem Konkret-Kongreß "Was tun?" durch den Vortrag von Christoph Türcke manifest geworden ist. Nämlich daß die Theoriebildung beim Thema Rassismus innerhalb der traditionellen Linken der BRD den gesellschaftlichen Entwicklungen um fünfzehn bis hundertfünfzig Jahre hinterherhinkte. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Klar, das war ein inhaltliches Problem. Aber uns geht es ja eher um die andere Seite, nämlich darum, wer hat überhaupt ein Interesse, die richtige Kritik zu hören, oder warum haben eben viele Leute erstmal keinerlei Interesse, die richtige Kritik zu hören. Kommunikationsguerilla legt keinen konkreten Gesellschaftsentwurf vor. Sondern wir wollen darüber nachdenken, wie man intervenieren kann in einen öffentlichen Diskurs. Das setzt eine inhaltliche Kritik voraus: Es könnte wahrscheinlich so sein, daß wenn du eine, in Anführungsstrichen, falsche Kritik hast, daß es dir dann auch nichts hilft, eine besondere Verpackung zu nehmen. Es geht aber nicht um Verpackung. Sondern es geht darum, wie sich bürgerliche Gesellschaft organisiert, abschottet gegen jede Veränderung. Und das ist der Kern des Konzepts, darüber nachzudenken, wie ich diese Verkrustungen beziehungsweise diese Integrationskraft des Spätkapitalismus aufbrechen kann, um zumindest andere Möglichkeiten überhaupt erst wieder denkbar zu machen. Die von uns beschriebenen Aktionsformen ändern für sich allein genommen gar nichts. Sie vermitteln keine richtige Position, sie vermitteln nicht die richtigen Inhalte, sondern sie schaffen offene Situationen. Es ist kein Zufall, daß das gerade jetzt formuliert wird, wo alle davon reden, daß dieser Rückenwind der Geschichte nicht mehr existiert. 

Beute: Um eine Öffnung zu erreichen, müssen die Aktionen doch relativ außergewöhnlich sein, über das politische Kabarett, das in den siebziger und achtziger Jahren bei "Rock gegen Rechts" gegeben wurde, hinausgehen. Das bedeutet aber, daß eine Verfeinerung notwendig wird, die in Richtung künstlerischer Arbeit geht. Ich glaube, daß daraus eine Arbeitsteilung resultiert, daß es Leute gibt, die sich der künstlerischen Verfeinerung, der Technik annehmen, sich der Inszenierung widmen und die sich damit auch etwas abheben von denjenigen Leuten, die in gängigen politischen Zusammenhängen agieren. Die Gefahr besteht also, daß alles in Richtung Werbeagentur geht, also verwertbar ist. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Das Wesentliche, was Kommunikationsguerilla von politischem Kabarett unterscheidet, ist der Ort. Ich stelle mich nicht hin, verkaufe Karten und setze Leute in den Saal, die dann erwarten, für zwei Stunden gut unterhalten zu werden. Nach dem Motto: "So jetzt haben wir mal wieder unheimlich viel Gesellschaftskritisches gehört, aber jetzt gehen wir wieder nach Hause." Im Prinzip gibt es da von vornherein eine Übereinstimmung zwischen Publikum und Bühne, man bestärkt sich gegenseitig in seiner kritischen Position. Kommunikationsguerilla ist aber das Gegenteil, sie sucht einen Ort, wo überhaupt niemand damit rechnet und wo man auch nicht gerade mit einer ungeteilten Begeisterung des Publikums rechnen kann. Und Kommunikationsguerilla funktioniert, ohne daß eine künstlerische Ausbildung oder ähnliches dahinterstecken würde. Die Sache mit der Technik würde ich ganz pragmatisch sehen. Wenn ich Technik brauche, dann suche ich mir die entsprechenden Leute. Dazu muß ich keine Spezialistin werden, sondern dazu muß ich Netzwerke haben. Zu der Verwertungssache: Na ja, im Kapitalismus läßt sich alles verwerten. Es gibt schlichtweg nicht diesen sicheren Ort. Gut, es kann sein, daß die Werbeleute schauen, was sie von solchen Aktionen entwenden können. Aber sie haben immer das gleiche Problem: Sie müssen von einem strategischen Ort aus handeln, und das hat eine andere Funktion, als wenn es Leute machen, die eben aus einer subkulturellen oder aus einer subalternen Situation heraus handeln. Wir haben keinen strategischen Ort, sondern wir sind nur an einem taktischen Ort, und der muß immer wieder aufgegeben werden. Kann sein, daß wir irgendwann das Konzept aufgeben und sagen, das ist im Moment total scheiße, wir müssen uns etwas anderem zuwenden. Aber das ist die Logik, der wir unterworfen sind. Diese ganzen Diskussionen um Subkultur zum Beispiel, ist sie subversiv oder nicht, sind doch paradox, weil man unterstellt, daß sich im Kapitalismus irgendwelche Individuen seiner Logik tatsächlich auf Dauer entziehen könnten. Das kann natürlich niemand, aber das heißt noch lange nicht, daß ich es nicht immer wieder versuche. 

Beute: Dann ist es also eine böse Unterstellung, daß Kommunikationsguerilla besonders "phantasievoll" und "kreativ" sein muß. Gehört nicht eine gewisse Bösartigkeit und Sperrigkeit zum Konzept Kommunikationsguerilla? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Unbedingt. Dann macht es erst richtig Spaß. Kommunikationsguerilla muß aber immer genau kucken, gegen wen sich die Sperrigkeit oder die Bösartigkeit richtet. Ich kann jetzt nicht den Fake machen, daß ich Sozialhilfeempfängern die Kürzung der Sozialhilfe ankündige. Klar, das mit dem "phantasievoll" und "kreativ" - da muß man sich natürlich auch überlegen, ob man diese Begriffe entwenden kann. Oder sie werden bis ans Ende der Zeit in irgendwelchen Kreativ-Workshops für gelangweilte Mittelschichtsbürger verkümmern. 

Beute: Eine gewisse Sperrigkeit durchzieht ja auch euer Buch, zumindest auf der Ebene des Layouts. Drei Texte laufen parallel, der analytische in der Mitte, drunter und drüber werden Aktionen beschrieben oder die Geschichten der verschiedenen Gruppen erzählt. Geschrieben ist das Ganze ziemlich herkömmlich, bis hin zu einem teilweise pädagogisierenden oder didaktischen Tonfall. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Wenn jemand sagt, "Pädagogisierung" oder "Didaktik", dann frage ich zurück: Ja und? Was ist eigentlich dagegen einzuwenden? Im übrigen gehen wir davon aus, daß die Leserinnen sowieso mit den Texten machen, was sie wollen. Was ihr für Pädagogisierung anseht, lesen andere vielleicht als nützliche Anregung. 

Beute: An einer Stelle schreibt ihr: "Zum Wirksamwerden emanzipativer Codes müßte noch genauer überlegt werden, in welcher Art wir Sprache benutzen." Ist es denn überlegt, wie ihr Sprache benutzt? Der analytische Haupttext verfällt zumindest teilweise in jenen schlechten Seminarstil, der auf der Suche nach Begriffen versucht jedes Verb zu substantivieren. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Sicher, andere wie Agentur Bilwet schreiben schöner und hätten vielleicht ein Märchenbuch im besten Sinne daraus gemacht. Wir können es halt nicht besser. Wir sagen schließlich auch, daß die im Buch formulierte Kritik uns selbst mit einschließt. Bloß deshalb erübrigt sich das Anliegen ja nicht. Außerdem wären die Leute, von denen wir annehmen, daß sie dieses Buch benützen könnten, schwieriger zu erreichen, wenn wir all diese linken Konventionen aufgegeben hätten. 

Beute: Welche Leute sollen euer Buch anwenden? 

autonome a.f.r.i.k.a.: Diejenigen, die mit den herrschenden Verhältnissen uneins sind und sich von dem Geblubber vom Ende der Geschichte nicht haben dumm machen lassen und die bereit sind, an den Wurzeln des Systems zu sägen. Sie gehören zu bestimmten Milieus, und dort bestehen bestimmte Konventionen. Das Buch aber bricht eher inhaltlich Konventionen beziehungsweise überschreitet Positionen. Außerdem ist Kommunikationsguerilla keine Technik, die direkt Inhalte vermittelt. Wenn ich ein Buch mache, will ich aber Inhalte vermitteln. Also kann ich nicht auf das Buch die Technik anwenden, über die ich schreibe, weil ich dann das Ziel aus den Augen verlieren würde. 

Beute: Kommunikationsguerilla als Buch dient also der Aufklärung. 

autonome a.f.r.i.k.a.: Ja, es ist ein klassisches Aufklärungsbuch darüber, daß klassische Aufklärung ein Problem ist. 

Die Beute - Politik und Verbrechen Nr. 14, 2/97 
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Erscheint bei Edition ID-Archiv - Postfach 360205 - 10972 Berlin 

Handbuch der Komunikationsguerilla 
ISBN 3-922611-64-8 Verlag Libertäre Assoziation 
ISBN 3-924737-38-X Schwarze Risse/Rote Strasse 
240 Seiten, DM 29,80,-/sFr 27,50/219 öS. 
 

 
 
 
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