Bomben, Attentate und Entführung reichen nicht aus im Kampf gegen die sinnentleerte, neoliberale Konsumdiktatur. Subvertising, Sniping, Unterwanderung und Subversion ist angesagt. Was Kommunikationsguerilla noch alles sein kann, zeigt das Buch "Jetzt helfe ich mir selbst".
Blättert zur Seite 19: 

Soviel Guerrrilla muß sein

Handbuch der Kommunikationsguerilla - Jetzt helfe ich mir selbst

Gibt es etwas Iangweiligeres als ein Flugblatt oder einen Artikel, dessen Inhalt wir schon an der Überschrift erkennen? Warum kommen immer weniger Leute auf Demonstrationen? Ist dies wirklich Desinteresse an Politik? Auch wir Terzlerinnen kennen doch das schlechte Gefühl, das aufkommt, wenn die ganze Nacht durchgehottet wurde, anstatt den längst überfälligen Artikel zu schreiben oder zu Iayouten. Allerorten ist Frust und Niedergeschlagenheit zu vernehmen. Der Spaß ist den Linken schon längst vergangen. JedeR kennt die Gedanken, daß eine Party doch besser gewesen wäre, als sich eine langweilige, mehrstündige Diskussion über langweilige Themen anzutun. Der Wunsch, die ausgelatschten Pfade, die eingespielten Riten, die für keine Überraschungen mehr sorgen, zu verlassen, sind groß. Also was tun?
Da kommt das Buch der Frankfurter a.f.r.i.k.a.-gruppe natürlich gerade richtig. In ihrem Buch "Medienrandale" (Trotzdem-Verlag 1994), das den Rassismus in den Medien zum Thema hatte, stellten sie schon einige subversive Mittel vor. Im "Handbuch der Kommunikationsguerilla" werden diese Mittel zum bestimmenden Thema. Dort setzen sie sich mit den ganz unterschiedlichen Formen von subversiven Aktionsformen auseinander. Verkürzt könnte man sagen, daß die Frage "Ist die beste Subversion nicht die, Codes zu entstellen statt sie zu zerstören?" (Roland Barthes), Ausgangspunkt des Buches ist. Hier werden keine Anleitungen zum Bombenbauen gegeben, sondern Formen einer so formulierten Kommunikationsguerilla vorgestellt. Anstatt z. B. eine Veranstaltung eines ungeliebten Politikers mit offenem Protest zu stören, bei der bestenfalls ein Rausschmiss drin ist, ist es doch viel besser, diese Veranstaltung mit den richtigen Mitteln von innen heraus zu verhindern, indem die Anwesenden zu StörerInnen umfunktioniert werden. Wie das geht, zeigt dieses Buch sehr anschaulich anhand von Beispielen.
Diese vielfältigen Beispiele zu den einzelnen Aktionsformen sind die eine Ebene. Auf der anderen wird theoretisiert. Was sind die Bedingungen, die eine Kommunikationsguerilla-Aktion überhaupt erst erfolgreich machen? Wie funktioniert Macht, wie stellt sie sich dar, wo ist sie angreifbar für die Kommunikationsguerilla? Die Autorinnen stellen aber auch klar; daß dies nur eine Taktik sein kann, keine Strategie. Kommunikationsguerilla kann nur erfolgreich sein, wenn sie eingebettet ist in einen politischen Kontext. Das heißt: "Das Konzept Kommunikationsguerilla ersetzt keine inhaltliche und organisatorische Arbeit, keine Antifa-Aktionen, kein theoretisches Programm und auch keine eigenen Medien; es steht auch nicht im Widerspruch zu einer Politik der Gegenöftentlichkeit. Es geht jedoch davon aus, daß politische Inhalte nicht nur wegen ihrer Richtigkeit oder Wahrheit akzeptient werden, sondern daß linksradikale Politik immer auch die Bedingungen politischer Rezeption berücksichtigen muß. Wo Aufklärung nicht ankommt, kann Kommunikationsguerilla die wirksamerere Taktik sein, wo es eine aufnahmebereite Zielgruppe oder gesellschaftlichen Druck gibt, ist Aufklärung und Information angesagt; und oft greift beides ineinander." 
Dabei verändern sich natürlich die Bedingungen. Aktionen, die vor 20 Jahren ihre Adressaten gefunden haben, verpufften heute wirkungslos, wollte man sie genauso wiederholen, Gerade in der Werbung, aber nicht nur dort, werden neue Kommunikationsstrategien, bspw. die beliebte Verfremdung von Text (aus Shell wird hell), begierig aufgenommen und entwertet. Das heißt, eine fortwährende theoretische Auseinandersetzung ist die Bedingung, um erfolgreich eine Guerillero/a zu sein. 
Andere Formen haben bis heute ihre Wirkung behalten. Eine Vielzahl von solchen Aktionsformen und Gruppen werden vorgestellt. Vom unsichtbaren Theater, über Tortenschmeißaktionen der 60er Jahre, über die Kommune 1, mit ihrem Pudding-Attentat, bei dem sie als terroristische Gruppierung geoutet wurden (sie hatten 10 kg Puddingpulver; mit Farbstoff und Mehl zu süßen Kalorienbomben vermischt), sich den Namen des Gegners aneignen und noch vieles mehr. Es ist ein unterhaltsamer und vor allem lehrreicher Spaziergang durch die Geschichte linker Politik. Ein Buch, das in keinem Geschichtsunterricht fehlen sollte, und das endlich auch mal zeigt, daß Politik sehr wohl etwas mit Spaß zu tun hat - wenn es richtig anpackt wird. So ist dieses Handbuch sicherlich eines der anregendsten der letzten Zeit. Natürlich finden sich unzählige Literaturhinweise und Internetadressen im Buch, um das Wissen zu vertiefen und Kontakte aufzunehmen. Das Buch soll kein Endprodukt sein, sondern es ist erst der Beginn der Kommunikationsguerilla. 
Über die Internetadresse http://www.contrast.org/ KG kann nicht nur Kontakt aufgenommen werden und Texte abgerufen werden, sondern dort können auch Berichte über eigene Kommunikationsguerilla-Aktionen hingeschickt werden, um sie anderen zugänglich zu machen. Regt eure Himzellen an und auf in den Kampf, aber vergeßt nicht dieses Handbuch mitzunehmen.

MEIKEL F.

Handbuch der Komunikationsguerilla
ISBN 3-922611-64-8 Verlag Libertäre Assoziation 
ISBN 3-924737-38-X Schwarze Risse/Rote Strasse 
240 Seiten, DM 29,80,-/sFr 27,50/219 öS. 

 
Redaktion Terz
Himmelgeister Str. 107a
40225 Düsseldorf
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